Mittwoch, 26. April 2017

Färöer im März 2017 (Teil 3)

20.03.2017

Als um 04:30 der Wecker klingelt, hat sich die See deutlich beruhigt. In einer halben Stunde legt das Schiff in Tórshavn an; man ist vorgewarnt, daß es nach dem Festmachen anderthalb Stunden dauern kann, bis man mit dem Auto von Bord kommt. Erst muß unten die Container- und Frachtrampe freigemacht sein, bevor die PKW auf dem oberen Parkdeck raus können.

Immerhin ist mein Auto zwischenzeitlich nicht geklaut worden ;-)
Tja. Und nun? Was macht man morgens um 06:30 in Tórshavn? Nicht viel. Das Hotelzimmer kann ich um die Uhrzeit eh' noch nicht beziehen; daher beschließe ich eine kleine Schnuppertour durch die Umgebung. Hier bietet sich die Route No. 50 an, die von der Hauptstadt aus über das "Landesinnere" (man kann sich auf den Färöern nie mehr als 5 km von der Küste entfernen) führt.

Wow, was für Ausblicke!

Auf der "scenic road" No. 50

Gleichzeitig bin ich froh, mit dem winterbereiften PKW unterwegs zu sein. Die Streckenführung ist zwar eine Wucht, aber stellenweise vereiste Kurven wie Steigungen sind nichts für ein Motorrad. Es sei denn, man hat eine Beiwagenmaschine mit Spikereifen.


Weiter geht es an der Westküste von Streymoy entlang bis Vestmanna. Aber auch hier ist noch nichts los. So rolle ich dann gemütlich über die Parallelstrecke nach Tórshavn zurück und finde dort auch direkt das Hotel Streym.


Nach dem Einchecken lege ich mich erst mal ein bißchen hin und kompensiere das frühe Aufstehen. Am Nachmittag laufe ich dann ein bißchen durch die Stadt, genieße Kaffe & Kuchen im Hafen und sehe mir die schnittige "Smyril" an, die im Liniendienst Tórshavn mit Suduroy, der südlichsten Färöerinsel, verbindet.



Auf dem Weg zurück ins Hotel nutze ich noch die alte Stadtfestung als dankbares Fotomotiv, bevor ich dann am Abend in Ruhe überlege was ich nun am nächsten Tag mache.

Auf der alten Festung
Kleine Tórshavener Szene. Die Buchhandlung ist sehenswert!
Yachthafen
Auch das ist Tórshavn!
Blick von der Festung Richtung Osten
Nein, damit werden keine Walfanggegner bekämpft! ;-)

Mittwoch, 12. April 2017

Färöer im März 2017 (Teil 2)

19.03.2017

Der gemütlichste Moment am Aufwachen ist der, wenn man nicht durch Irgendetwas geweckt wird sondern ausgeschlafen, bei noch geschlossenen Augen, feststellt daß man nicht mehr schläft. Ich spüre, wie sich das Bett (Verzeihung: die Koje) sanft im Seegang wiegt. 7 Uhr Bordzeit. Noch eine Stunde bis zum Frühstück. Da Seeluft ja hungrig machen soll, genehmige ich mir ein paar tiefe Züge davon. Ob die Raucher/innen noch immer oder schon wieder da sitzen, weiß ich nicht. Ist mir auch gleichgültig.

Obwohl wir knapp 20 Knoten Fahrt machen, kommt der Wind von schräg hinten (Verzeihung: halb achtern) Der Himmel ist bleigrau und es nieselt leicht. Backbords ist eine Bohrinsel zu erkennen und ein oranges Versorgungsschiff, das auf sie zuhält.
Auf halbem Weg zu den Färöern
Wieder in der Kabine, hänge ich die Regenjacke zum Trocknen auf und entere das Frühstücksbuffet. Tee, Semmeln, Marmelade, Joghurt, kleine heiße Würstchen... paßt alles! Aber, liebe Smyril-Line: bitte bitte spendiert Eurer tapferen Norröna eine zweite Kaffee / Teemaschine. Die Schlange vor der einen vorhandenen ist endlos. Im Café gibt es anschließend ein Update für das Reisetagebuch. Und was mache ich nun mit dem Tag auf See? Mal seehen 😉
Gegen Mittag esse ich eine Kleinigkeit und lege mich dann mit einem gespeicherten Podcast in die Koje. Vorher schaue ich mir noch den Monitor zwischen Diner und Duty-Free-Shop an. Er zeigt den Kurs des Schiffes und weitere Daten vom Navigationssystem an. Wenn die Anzeige stimmt, werden wir gegen 16:30 die Orkney-Inseln passieren; noch ist am Horizont nichts von ihnen auszumachen. Zwar wollte ich rechtzeitig wieder auf dem Sonnen- äh, Sturmdeck sein aber nach dem Podcast döste ich ein und wurde erst um Punkt 16:30 von einer Borddurchsage geweckt. Der Wind hat inzwischen gedreht und prächtig aufgefrischt:
Gemessene Windgeschwindigkeit: knapp 83 km/h
Wie die Kombination aus Sonne und Wolken die Orkneys in Szene setzt, ist ein hübsch anzusehendes Schauspiel.


Auf dem Weg zurück in die Kabine nehme ich mir noch ein Infoblatt über die Färöer mit, auf dem auch eine brauchbar aussehende Straßenkarte abgedruckt ist. Inzwischen wird auch die See rauer. Ich weiß nun auch, wo die häufiger werdenden Erschütterungen herkommen: Immer wenn die Norröna über aufeinander folgende höhere Wellen fährt, setzt der Bug etwas ruppig in das folgende Wellental ein. Aber von hier oben sieht der Seegang immer noch harmlos aus.


Die Wellenhöhe soll bis 3 m betragen (ich hätte weniger geschätzt) und nur vereinzelt weht von den Wellenkämmen etwas Gischt ab. Zugegeben, mit dem Kajak möchte ich hier nicht unterwegs sein. Allein schon, weil es kein bequemes Bett, keine Dusche und keine gemütliche Bordbar hat. Bei dem Wetter.


Ich sehe einer Gruppe Seeschwalben zu, die die Fähre begleiten. In extremen Tiefflug folgen sie in S-Kurven den Wellen, ihre Flügelspitzen streifen fast die Wasseroberfläche. Den weit spritzenden Gischtwolken vom Bug weichen sie gelassen aus. Weiter draußen sieht man, wie einzelne Wellenkämme brechen und einen Blasenteppich hinter sich herziehen; der Wind verweht es zu parallelen Fäden auf der Meeresoberfläche. Im Ernst: wegen meiner kann das Wetter noch viel stürmischer werden. Ich finde das toll und umso gemütlicher wirkt das Schiff innen. Von Seekrankheit bei mir keine Spur.


Nun ist es Zeit fürs Abendessen. Hunger habe ich keinen, da ich noch vom Mittag satt bin und außer Schlafen, Herumsitzen und Fotografieren nichts getan habe. Das Abendessen hatte ich aber schon vorher gebucht und bezahlt wegen der paar Prozent Rabatt die man dann bekommt. Aber wie heißt es so schön: Lieber sich den Magen verrenken als dem Wirt was schenken. Mahlzeit!


Als ich im Café meinen fast-schon-Stamm-Cappu bestelle, frage ich das Mädchen - nur so aus Interesse - wie stark die Norröna auf dieser Fahrt eigentlich belegt ist. Sie verschwindet kurz hinter der Tür, kommt 10 Sekunden später wieder und sagt, momentan seien 250 Passagiere an Bord. Die Maximalkapazität beträgt 1.400.
Momentan finde ich es hier sehr angenehm - was hier mit gut 6x so viel Menschen los ist, möchte ich lieber nicht wissen. Andererseits möchte ich Island auch mal ohne Linienflug und Mietwagen (wie 2015) bereisen, sondern per Enduro erkunden. Und das geht praktisch nur in der Hauptsaison. Oha.

Das war ein erholsamer Tag auf See, der mir nach der Anreise auf vier Rädern sehr gut tat. Aber gleichzeitig freue ich mich schon sehr auf die Ankunft morgen Früh in Tórshavn!

Sonntag, 2. April 2017

Färöer im März 2017 (Teil 1)


17.03.2017

Das La Bonta in Hjørring
Tja, nun sitze ich hier im Café La Bonta in Hjørring bei einem sehr starken Tee und zwei kleinen Kuchenteilchen. Die letzte Nacht verbrachte ich komplett im Auto, das bei Dauerregen von München nach Hirtshals getrieben wurde. 1.300 km mit ein paar Pausen zum kurzen Schlafen, Tanken und Kaffee trinken.
Quasi in dem Moment, in dem ich frühmorgens die Deutsch-Dänische Grenze überquerte, ging auch noch der Regen in Schneeregen über.

Willkommen in Dänemark!
Als ich aber gegen 09:30 am Fährterminal in Hirtshals ankomme, herrscht strahlender Sonnenschein und die Norröna trudelt gerade in den Hafen ein. Da das Boarding frühestens um 12 Uhr beginnt, gönne ich mir im Ort ein kleines Frühstück und fahre dann ein kurzes Stück nach Hjørring, um den auf der Karte nett aussehenden Nachbarort zu erkunden. Hier schreibe ich jetzt den ersten Reisetagebucheintrag und werde dann gegen Mittag am Schiff Einlaß begehren.

Frühstück in Dänemark: Rührei mit Speck, Brötchen mit gesalzener Butter, dazu Kaffee und O-Saft

Die Norröna läuft in Hirtshals ein
Auf dem Rückweg nach Hirtshals schaue ich noch beim Leuchtturm vorbei; er liegt auf einer Anhöhe neben einem alten Bunkersystem aus dem II. Weltkrieg und bietet einen schönen Blick auf das Meer und über Hirtshals.
Hirtshalser Leuchtturm

Bunkermuseum
Ziemlich genau um 12 Uhr fahre ich beim Check-In vor, wo ich die ausgedruckte Buchung und meinen Reisepaß (Personalausweise akzeptieren die Färinger nur von Skandinaviern; aber als EU-Bürger benötigt man kein Visum) vorzeige; 10 Sekunden später habe ich die Bordkarte in der Hand und kann mich in die Autoschlange einreihen. Die Wartezeit überbrücke ich mit ein bißchen spazieren gehen, im Kindle lesen und mit anderen Reisenden ein paar kurze Schwätzchen halten. 

Etwa um 14 Uhr scheint man die für Island bestimmte Fracht verstaut zu haben und nun kommen die Sachen für die Färöer und entsprechenden Fahrzeuge an die Reihe. Da die Norröna kein Schiff ist, in das man hinten rein- und vorne wieder rausfährt (oder umgekehrt), müssen die Fahrzeuge und Container die auf den Färöern als erstes raus müssen, als letztes rein. Was passieren kann, wenn so etwas - natürlich nicht bei der Smyril Line - schief geht, erfährt man vom Team des Explorermagazins 😆 Aber für mich geht es an Bord der Norröna und alles wird gut werden:


So um 14:30 ist alles verräumt und verzurrt und von mir aus kann es nun losgehen! Um 15 Uhr, der planmäßigen Abfahrtzeit, passiert nichts und eine halbe Stunde später liegt die Fähre immer noch vertäut im Hafen. Ich erkunde derweil ein bißchen das Schiff. An der Laderampe ich man um 16 Uhr immer noch emsig dabei, Containerauflieger ins Fahrzeugdeck zu schlichten. Die Fahrer der sehr wendigen Rangier-Zugmaschinen scheinen allesamt mindestens den 2. Dan in Tetris zu haben! Aber um halb fünf heißt es dann doch noch "Klappe zu" und es geht los. 17 Knoten Fahrtwind und 6°C auf dem Aussichtsdeck führen schnell dazu, daß ich mich nicht richtig angezogen fühle.




Mein Reich für gut 40 Stunden
Also erstmal in die Kabine (eine ganz für mich allein!) und auftauen. Auf dem Weg dorthin schaue ich bei der Rezeption vorbei und erfahre, daß Bordschwimmbad und Sauna erst im April öffnen. Och nööö! Auf die Sauna hatte ich mich gefreut.

Na gut, dann wird bis zum Abendessen halt Reisetagebuch geführt... Apropos Abendessen: Dies gibt es laut Tafel von 18 bis 20 Uhr. Um 18:30 Uhr stehe ich im Diner auf Deck 5 und die Bedienung hinter der Theke lächelt mich freundlich an und erklärt, daß es Dinner erst ab 18 Uhr gibt. Aber - ?

Mir dämmert etwas. Im selben Augenblick, wo es auch mir einfällt, erklärt sie: "Eighteen hundred ship time". Klar. Bordzeit auf der Norröna ist färingische Zeit, also MEZ minus eins.

Na gut! Dann warte ich halt noch ein bißchen.


Bis zum Essen kann man gut Reisetagebuch schreiben
Soeben erhalte ich, obwohl wir schon weit von der Küste entfernt sind, eine SMS. Die Norröna hat ihr eigenes Bord-Handynetz und teilt mir dessen Konditionen mit: 99 Cent pro 50 kB. Kilobyte, nicht Megabyte! Also besser Roaming und mobile Datennutzung an Bord ausschalten, sonst kann es teuer werden. Man kann allerdings auch WLAN-Datenpakete an Bord buchen. Aber ich komme problemlos auch 1,5 Tage ohne Internet aus. Jetzt gibt es noch ein bißchen vorab gespeicherten Podcast in der Koje, bis es - diesmal wirklich - 18 Uhr ist.

Zum Abendessen suche ich mir am Buffet Fischfilet, Kartoffeln und gebratenes Gemüse aus. Wenn man nicht vorab Buffet bestellt hat, kann man im Diner auch à la carte essen. An der Verpflegung gibt es nichts auszusetzen.

Abendessen mit Meeresblick!
Danach gehe ich noch in das gemütliche Café auf Deck 5 gegenüber und gönne mit ein Stück Kuchen als Nachtisch. Wenn man davon absieht, daß es an den Fensterplätzen durch die dort angebrachten Luftdüsen der Klimaanlage immer ein bißchen zieht, fühle ich mich rundherum wohl. Die Norröna ist ein sehr gepflegtes Schiff, obwohl Sie das ganze Jahr über bei fast jedem Wetter über das Nordmeer gefahren wird. Die gesamte Crew kann ich wirklich nur als wirklich charmant und hilfsbereit bezeichnen. Allein schon das fröhliche "hej hej" das sie für jeden übrig haben, finde ich irgendwie süß 😊
Made in Germany: die Norröna
Später am Abend ziehe ich mich warm an und gehe aufs Oberdeck. Im Windschatten sitzen ein paar Kettenraucher(innen), die mit grauen, eingefallenen Gesichtern röchelnd und hustend an ihren Kippen ziehen. Kein Mitleid. Vorne, unter dem Radarträger, stehe ich oberhalb der Brücke und blicke über den Bug nach vorne. Die Nacht ist sternklar, ich sehe die bekannten Konstellationen wie Orion & Co. viel deutlicher als am Rande der aufhellenden Großstadt daheim. Gelassen stampfend schiebt das Schiff sich durch die in der Dunkelheit erkennbaren Schaumkronen der Wellen. Das Pfeifen des Windes in seinen Aufbauten und Antennen kommentiert es unaufgeregt mit dem sanften Wummern seiner Großdiesel. Steuerbords erkenne ich die Lichter der norwegischen Küste...

In einem der Bordcafés
Später liege ich im Bett und und lese im Kindle noch einen Krimi zur Einstimmung auf den bereits in Planung befindlichen Sommerurlaub in Nordskandinavien. Eine Mitarbeiterin der Stockholmer Staatsanwaltschaft wird in der Finnmark in einige häßliche Sachen hineingezogen, wobei ihre samischen Wurzeln nicht immer hilfreich sind. Warum hat die lokale Polizeidienststelle scheinbar kein Interesse, einen zumindest seltsamen Todesfall aufzuklären?

Sodele, das war der erste Tag der Reise - Fortsetzung folgt! Wer mag, kann gerne einen Kommentar hinterlassen.