Mittwoch, 12. April 2017

Färöer im März 2017 (Teil 2)

19.03.2017

Der gemütlichste Moment am Aufwachen ist der, wenn man nicht durch Irgendetwas geweckt wird sondern ausgeschlafen, bei noch geschlossenen Augen, feststellt daß man nicht mehr schläft. Ich spüre, wie sich das Bett (Verzeihung: die Koje) sanft im Seegang wiegt. 7 Uhr Bordzeit. Noch eine Stunde bis zum Frühstück. Da Seeluft ja hungrig machen soll, genehmige ich mir ein paar tiefe Züge davon. Ob die Raucher/innen noch immer oder schon wieder da sitzen, weiß ich nicht. Ist mir auch gleichgültig.

Obwohl wir knapp 20 Knoten Fahrt machen, kommt der Wind von schräg hinten (Verzeihung: halb achtern) Der Himmel ist bleigrau und es nieselt leicht. Backbords ist eine Bohrinsel zu erkennen und ein oranges Versorgungsschiff, das auf sie zuhält.
Auf halbem Weg zu den Färöern
Wieder in der Kabine, hänge ich die Regenjacke zum Trocknen auf und entere das Frühstücksbuffet. Tee, Semmeln, Marmelade, Joghurt, kleine heiße Würstchen... paßt alles! Aber, liebe Smyril-Line: bitte bitte spendiert Eurer tapferen Norröna eine zweite Kaffee / Teemaschine. Die Schlange vor der einen vorhandenen ist endlos. Im Café gibt es anschließend ein Update für das Reisetagebuch. Und was mache ich nun mit dem Tag auf See? Mal seehen 😉
Gegen Mittag esse ich eine Kleinigkeit und lege mich dann mit einem gespeicherten Podcast in die Koje. Vorher schaue ich mir noch den Monitor zwischen Diner und Duty-Free-Shop an. Er zeigt den Kurs des Schiffes und weitere Daten vom Navigationssystem an. Wenn die Anzeige stimmt, werden wir gegen 16:30 die Orkney-Inseln passieren; noch ist am Horizont nichts von ihnen auszumachen. Zwar wollte ich rechtzeitig wieder auf dem Sonnen- äh, Sturmdeck sein aber nach dem Podcast döste ich ein und wurde erst um Punkt 16:30 von einer Borddurchsage geweckt. Der Wind hat inzwischen gedreht und prächtig aufgefrischt:
Gemessene Windgeschwindigkeit: knapp 83 km/h
Wie die Kombination aus Sonne und Wolken die Orkneys in Szene setzt, ist ein hübsch anzusehendes Schauspiel.


Auf dem Weg zurück in die Kabine nehme ich mir noch ein Infoblatt über die Färöer mit, auf dem auch eine brauchbar aussehende Straßenkarte abgedruckt ist. Inzwischen wird auch die See rauer. Ich weiß nun auch, wo die häufiger werdenden Erschütterungen herkommen: Immer wenn die Norröna über aufeinander folgende höhere Wellen fährt, setzt der Bug etwas ruppig in das folgende Wellental ein. Aber von hier oben sieht der Seegang immer noch harmlos aus.


Die Wellenhöhe soll bis 3 m betragen (ich hätte weniger geschätzt) und nur vereinzelt weht von den Wellenkämmen etwas Gischt ab. Zugegeben, mit dem Kajak möchte ich hier nicht unterwegs sein. Allein schon, weil es kein bequemes Bett, keine Dusche und keine gemütliche Bordbar hat. Bei dem Wetter.


Ich sehe einer Gruppe Seeschwalben zu, die die Fähre begleiten. In extremen Tiefflug folgen sie in S-Kurven den Wellen, ihre Flügelspitzen streifen fast die Wasseroberfläche. Den weit spritzenden Gischtwolken vom Bug weichen sie gelassen aus. Weiter draußen sieht man, wie einzelne Wellenkämme brechen und einen Blasenteppich hinter sich herziehen; der Wind verweht es zu parallelen Fäden auf der Meeresoberfläche. Im Ernst: wegen meiner kann das Wetter noch viel stürmischer werden. Ich finde das toll und umso gemütlicher wirkt das Schiff innen. Von Seekrankheit bei mir keine Spur.


Nun ist es Zeit fürs Abendessen. Hunger habe ich keinen, da ich noch vom Mittag satt bin und außer Schlafen, Herumsitzen und Fotografieren nichts getan habe. Das Abendessen hatte ich aber schon vorher gebucht und bezahlt wegen der paar Prozent Rabatt die man dann bekommt. Aber wie heißt es so schön: Lieber sich den Magen verrenken als dem Wirt was schenken. Mahlzeit!


Als ich im Café meinen fast-schon-Stamm-Cappu bestelle, frage ich das Mädchen - nur so aus Interesse - wie stark die Norröna auf dieser Fahrt eigentlich belegt ist. Sie verschwindet kurz hinter der Tür, kommt 10 Sekunden später wieder und sagt, momentan seien 250 Passagiere an Bord. Die Maximalkapazität beträgt 1.400.
Momentan finde ich es hier sehr angenehm - was hier mit gut 6x so viel Menschen los ist, möchte ich lieber nicht wissen. Andererseits möchte ich Island auch mal ohne Linienflug und Mietwagen (wie 2015) bereisen, sondern per Enduro erkunden. Und das geht praktisch nur in der Hauptsaison. Oha.

Das war ein erholsamer Tag auf See, der mir nach der Anreise auf vier Rädern sehr gut tat. Aber gleichzeitig freue ich mich schon sehr auf die Ankunft morgen Früh in Tórshavn!

4 Kommentare:

  1. Nach Island auf dem Seeweg... das wäre auch nochmal was für mich, dann könnte man wenigstens "Spielzeug" mitnehmen.

    Wenn sich jetzt schon Warteschlangen vor der Kaffeemaschine bilden, wie wird es dann um die Koffeinversorgung bestellt sein, wenn das Schiff voll gebucht ist...?

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  2. Hi Sonja,

    das habe ich mich auch gefragt! Aber wie ich hinterher erfahren habe, war unser Frühstücksraum nur eine Ausweichlösung, da das eigentliche Restaurant auf Deck 6 umgebaut wurde. Dieses hat wohl deutlich mehr Kapazität. Aber da die Norröna im Frühjahr ja wie geschrieben eh' nur zu gut ¼ ausgebucht ist, ist das da noch vertretbar gewesen.

    Ciao & LG,
    Rüdiger

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  3. Hi! Hab deinen Blog soeben entdeckt!
    Was für eine sensationelle Gegend das ist! Wunderbare Bilder!

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    1. Servus,

      danke danke :-) Dieses Wochenende geht es weiter mit dem nächsten und letzten Teil der Färöer-Kurzexpedition. Bis dahin sammel ich mit der Enduro über das verlängerte Wochenende (mal wieder) Eindrücke aus Südtirol. Morgen macht das Timmelsjoch auf :-D
      LG, Rüdiger

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